Yusuf Amini, 14-jähriger Jugendlicher unseres Vereins und eine unserer Nachwuchshoffnungen, ist beim diesjährigen Grenke Chess Open im B-Turnier angetreten. Es folgt sein lebendiger und detaillierter Bericht zum Turnierverlauf. Die Links zu den Partien ermöglichen ein hautnahen Nachvollzug der Spielverläufe. Tolle Gesamtaktion von Yusuf!

Tag 1: Um 19:30 Uhr (mit einer Stunde Verspätung) begann die erste Runde. Ich spielte mit Schwarz gegen Ante Saravanja an Brett 425 im B Turnier. Seine Elo liegt bei 1594. Er eröffnete mit c4, aber wir wechselten schnell zu einer d4-Eröffnung. Er überraschte mich früh mit zwei ungewöhnlichen Zügen in der Eröffnung. Später hatte er einen isolierten Damenbauern. Ich führte die Partie in eine Struktur, in der er hängende Bauern hatte, basierend auf dem, was wir das letzte Mal mit Thomas Michalzcak gelernt hatten. Einen seiner Bauern konnte ich später aufgrund ungenauen Spiels von ihm gewinnen. Danach spielte ich gegen seinen offenen König und gewann taktisch eine Leichtfigur, woraufhin er aufgab.

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Tag 2: Um 09:00 Uhr begann die 2. Runde. Ich wusste, dass ich gegen Lothar Trumpp mit Weiß spiele. Seine Elo liegt bei 1928. Ich hatte mich auf ein Marshall-Gambit vorbereitet, aber er spielte stattdessen einen geschlossenen Spanier. Er machte in der Eröffnung einen Fehler, den ich am Brett korrekt bestrafen konnte, und gewann einen Bauern im Mittelspiel. Ich gewann noch einen weiteren Bauern und hatte eine deutlich bessere Stellung. Wir tauschten Figuren ab, und es entstand ein Endspiel, in dem ich Turm + Läufer + 2 Bauern mehr gegen Turm + Springer hatte. Ich spielte im Endspiel jedoch sehr ungenau, und er bekam Gegenspiel. Ein Sieg schien aussichtslos für mich, also bot ich ihm Remis an, und er nahm es an.

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Um 15:00 Uhr begann die 3. Runde. Ich spielte wieder mit Weiß, diesmal gegen Stefan Wunder, dessen Elo bei 1934 liegt. Er überwältigte mich früh in der Eröffnung, und die Partie wurde immer konkreter. Mir wurde klar, dass ich meinen Zentralbauern nicht decken konnte, aber ich entschied mich dafür, den Zentralbauern freiwillig zu opfern, um seinen noch in der Mitte stehenden König zu bestrafen und seine schlechte Entwicklung auszunutzen. Er nahm den Bauern letztendlich nicht, da er die Gefahr erkannte. Dennoch opferte ich meinen Läufer, um seine Königsstellung zu öffnen und taktische Drohungen zu erzeugen. Seinen nächsten Zug hatte ich bereits berechnet, aber es stellte sich heraus, dass meine Berechnung falsch war, und ich am Ende 2 Bauern für die Leichtfigur hatte. In dieser Stellung bot ich Remis an, und er nahm es an.

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Tag 3: Um 9:00 Uhr begann die 4 Runde. Ich spielte mit Schwarz gegen Henrik Westerweele aus den Niederlanden, der eine Elo von 1951 hat. Ich war gut vorbereitet und habe erwartet, dass er Alapin spielt, was auch am Brett geschah. Er merkte wahrscheinlich, dass ich gut vorbereitet war und über meine Züge nicht nachdachte. Wahrscheinlich spielte er deswegen in Zug 9 einen eher seltenen Zug. Ich kannte nur die Antwort darauf und war dann auch aus meiner Vorbereitung heraus. Im Verlauf der Partie zeigte sich, warum sein Zug nicht der beste war. Meine Idee war es, den isolierten Damenbauern zukünftig zu gewinnen und die Stellung zu vereinfachen. Er schaffte es dann, seine beiden Springer für meine beiden Läufer zu tauschen, somit hatte er das Läuferpaar. Meine Idee war es dann, Türme abzutauschen, um ein Endspiel Dame und Springer gegen Dame und Läufer zu kreieren, wo ich den Vorteil hätte, weil Dame und Springer besser als Dame und Läufer koordinieren. Wir tauschten einige Figuren ab, und er opferte seinen Läufer er dachte, dass er meinen Springer wegen der Fesselung gewinnt. Leider habe ich aufgrund von Zeitnot einen wichtigen Zwischenzug übersehen und eine einfache Taktik übersehen, meinen Turm eingestellt und konnte die Mattdrohung später auch nicht aufhalten, deshalb gab ich auf.

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Um 15:00 Uhr begann die 5. Runde. Ich spielte gegen Gerhard Herrmann, der eine Elo von 1681 hat. Ich war schon nach der 4. Runde erschöpft und habe deutlich ungenauer gespielt. Ich hatte Weiß, mein Gegner spielte den Skandinavier mit 2. ... Sf6. Ich war früh aus der Theorie heraus und spielte ungenau. Mein Gegner nutzte diese Ungenauigkeit aus, und die Partie wurde sehr konkret. Ich ließ einen Bauern von mir hängen, da ich dachte, dass ich seinen Springer gewinnen könnte, aber er hatte einen Zug, mit dem er seinen Springer rettete und noch einen zweiten Bauern gewann. Zum Glück hat er nicht so weit gerechnet und nicht genommen. Durch eine Taktik gewann ich seinen Springer. Der Rest der Partie verlief unspektakulär, außer am Ende. Ich unterbrach ein Schach seiner Dame mit meinem Läufer, aber ich übersah, dass er den Läufer einfach nehmen konnte, da der zurücknehmende Bauer von seinem Läufer gefesselt war. Zum Glück übersah er das, und mir fiel es danach auf, und ich gewann die Partie.

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Tag 4: Um 9:00 Uhr begann die 6. Runde. Ich spielte mit Schwarz gegen Rainer Ewen, der eine DWZ von 1978-43 hat. Er spielte das Morra-Gambit, und ich lehnte es ab. Wir landeten durch Zugumstellung im Alapin-System. Er kannte es eindeutig nicht, denn als er 7. Db3 spielte, hatte er nur noch 30 Minuten. Nach 13 Zügen hatte ich eine gute Stellung, in der er einen isolierten Damenbauern hatte. Jedoch war ich etwas zu gierig und nahm seinen isolierten D-Bauern, wofür er sehr gute Kompensation erhielt. Nach 17. Tfe1 drohte er mit Sxf7. Ich dachte an Le7, Sxf7, Kxf7, Dxe6+, Kf8, Td3, war mir aber zu unsicher. Laut der Engine wäre die beste Variante 17. ... Le7! Sxf7! O-O! gewesen. Schwarz gibt seinen Bauern zurück, und Weiß steht etwas besser. Kxf7 scheitert an Dxe6+, Kf8, Te5! In der Partie spielte ich Tc7, und ich habe Sb5 komplett übersehen. Ich stand auf Verlust und gab einen Zug später auf.

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Um 15:00 Uhr begann die 7. Runde. Ich spielte mit Weiß gegen den 16-jährigen Benjamin Schütze, der eine DWZ von 1716 hat. Er spielte das Marshall-Gambit, das ich mit einer seltenen Variante ablehnte. Er zwang mich dazu, eine Qualität zu geben, aber es gab noch einen starken Verteidigungszug (14. Te2). Ich gab die Qualität, da ich wusste, dass es nicht so schlimm sein würde, da ich das Qualitätsopfer-Motiv schon aus anderen Varianten nach 9. d4 kannte. Wir einigten uns später in einer leicht besseren Stellung für ihn auf Remis.

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Tag 5: Um 9:00 Uhr begann die 8. Runde. Ich spielte mit Schwarz gegen Viktor Schubert, der eine Elo von 1711 hat. Er überraschte mich mit seinem ersten Zug 1. e3 und leitete später in ein f4-System über. Er verlor taktisch einen Bauern, aber ich hatte eine sehr schlechte Bauernstruktur am Damenflügel. Ich schaffte es, einen Freibauern zu bilden. Ich wusste, dass es Gewinnchancen gibt, wegen gleichfarbiger Läufer. Im Verlauf der Partie gewann ich noch einen Bauern taktisch wegen seiner schwachen Grundreihe. Im Endspiel erhielt er aber beide Bauern zurück, weil ich keinen Weg sah, die Partie zu gewinnen. Am Ende hatten wir beide einen Turm, Läufer und einen Bauern, und wir einigten uns auf Remis.

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Um 15:00 Uhr begann die letzte Runde. Ich spielte mit Schwarz gegen den 15-jährigen Noah Hofstetter aus der Schweiz, der den FIDE- anerkannten Titel Arena International Master hat. Ich spielte meinen klassischen e6-Zweispringer-Sizilianer und stand nach 12. ... Sd7 besser. Ich tauschte meinen Springer gegen seinen Läufer, übersah jedoch eine Taktik, mit der er ausgleichen konnte. Danach entstand eine ungleichfarbige Läuferstellung mit zwei Türmen auf dem Brett, und wir einigten uns auf Remis.

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Insgesamt war das kein gutes Turnier von mir. Ich erreichte 4,5/9 Punkte und belegte den 502. Platz von 1177 Teilnehmern, aber es war lehrreich und hat viel Spaß gemacht.